Pferd hat das Becken raus, kannst du das einrenken?

Von Mythen und Reiter-Umgangssprache

Eine Kundin rief mich an und die erste Frage war, ob ich das Becken einrenken könne. Das Pferd hätte Schmerzen und würde viel liegen.

Kurzer Exkurs zum Thema: “Becken raus”

Anatomisch ist das unmöglich. Ist das Becken ‘raus’, bedeutet es Exitus. Gemeint ist in den meisten Fällen eine Blockade im Kreuzbein/Lendenbereich und/oder ein Schiefstand des Beckens.

Oft bemerken die Pferdebesitzer, dass plötzlich der Schweif schiefgehalten wird oder dass die Kruppe auf einer Seite höher wippt als auf der anderen. Das Pferd läuft steifer und unter dem Reiter fühlt es sich anders an als vorher.

In diesem Fall war der Besitzerin aufgefallen, dass die Sitzbeinhöcker unterschiedlich weit nach hinten standen. Eine Beobachtung, die schon einiges an Wissen und ein gutes Auge voraussetzt und die viele Pferdebesitzer nicht hätten machen können..
Auf einem der Sitzbeinhöcker befand sich laut Besitzerin eine weiche Erhebung, die sich durch Massage verkleinern ließ.

Die Kundin erklärte mir, dass das Pferd die Hinterbeine sehr steif bewege und dabei die Hufe über den Boden schleifen ließe.

Am Telefon hörte es sich so dringend an, dass wir kurzfristig einen Termin vereinbarten.

Beckenschiefstand kann zum „Notfall“ werden

Es handelte sich um ein sehr großes Warmblut Pferd im Alter von 25 Jahren. Man sah dem Pferdchen die Schmerzen im ganzen Körper an. Es stand fast wie auf einem Podest, die Vorhand rückständig und die Hinterhand untergeschoben.
Die Lendenwirbelsäule war aufgewölbt. Da das Pferd bereits einige Monate kaum noch gearbeitet wurde, hatte die Muskulatur entsprechend abgebaut.

In der Untersuchung stellte sich ein Beckenschiefstand, eine Stützbeinlahmheit hinten rechts aber auch mehrere Blockaden der Wirbelsäule heraus. Zusätzlich vermutete ich eine alte Sehnenverletzung der Hinterhand rechts und Arthrose im Sprunggelenk. Das waren die auffälligsten Probleme.

Die “Erhebung auf dem Sitzbeinhöcker” war ein einseitig kräftigerer Hinterbacken Muskel. Das Pferd war lange Jahre Voltigierpferd. Durch die einseitige Belastung verändert sich auch die Muskulatur. Dazu besprachen wir nach der Behandlung einen Trainingsplan für “Senioren”.

Während der Behandlung mit Akupunktur, craniosacraler und viszeraler Osteopathie entspannte das Pferd immer mehr. Zum Ende konnte ich die blockierten Wirbelgelenke mit sanften Methoden lösen.

Danach stand die Vorhand wieder lotrecht, die Hinterhand war nicht mehr untergeschoben und die Lende war nicht mehr so stark aufgewölbt. Das Gesamtbild wirkte harmonisch entspannt und die Augen waren wieder klar.

Das Gangbild hatte sich deutlich verbessert. Das Pferd konnte das Becken wieder dreidimensional bewegen und der ganze Körper kam ins Schwingen.

Gute Zusammenarbeit mit dem Tierarzt ist ungemein wichtig

An der wahrscheinlichen Sehnenproblematik und dem Arthrose Verdacht im Sprunggelenk kann ein Osteopath allerdings nicht ändern. Hier muss ein gute Tierarzt hinzugezogen und eine saubere Diagnostik gemacht werden. In diesem Fall sollte das auch unbedingt erst erfolgen, bevor die Besitzerin mit ihrem Seniorentrainingsplan beginnt.

Um den Körper locker zu halten und die Selbstheilungskräfte des Körpers anzuregen, übte ich mit der Kundin eine spezielle Massagetechnik, die den Energiefluss im Körper und die Stärkung der Hinterhand anregt. Diese Massage sollte möglichst mehrmals wöchentlich ausgeführt werden.

Fazit: (Altersgerecht) beweglicher Senior

Zwei Wochen später bekam ich diese tolle Bewertung von der Pferdebesitzerin:

Junimond, ein sensibler und gleichzeitig großer Skeptiker wurde von Frau Schröer als Notfallpatient mit starken Bewegungseinschränkungen behandelt. Dabei wurde Junimond im Stand und in der Bewegung betrachtet und im Anschluss behandelt und mir als Besitzerin wurde ganz viel erklärt.
Das Ziel, dem 25 Jahre alten Mecklenburger Wallach zu helfen und altersbedingt entsprechend wieder bewegen zu können, glückte uns.
Junimond hat sämtliche Bewegungseinschränkungen durch Frau Schröer und das im Anschluss folgende Aufbauprogramm bereits nach wenigen Tagen ablegen können.
Vielen Dank nochmal für die schnelle Hilfe in einer absoluten Notfallsituation und damit auch eine absolute Empfehlung an alle, die eine kompetente, hilfsbereite und freundliche Osteopathin für Ihr Pferd suchen.

1 Gedanke zu „Pferd hat das Becken raus, kannst du das einrenken?“

  1. Das ist ja toll hier über diese Heilmethode für Pferde zu lesen. Ich dachte, man wendet sich an einen Tierarzt für Pferde bei allem. Schön, dass einem Tier in solchen Fällen so geholfen werden kann.

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